Von Kashigar, östlicher Aussenposten der Provinz Xinjiang, kann man in ca. 5 Fahrstunden zum Karakul See fahren. Die Strasse ist Teil des legendären Karakorum Highways und führt via Irkhestam Pass nach Pakistan und ist somit eine Sonderzone, und für die Fahrt benötigt man ein spezielles Permit, das man nur über eine Reiseagentur erhält. Die Strasse ist aufgrund der extremen Lage eine permanente Baustelle und das tiefe Tal umsäumt von 6000-ern und 7000-ern bietet spektakuläre Sicht. Auf dem Weg findet man Dutzende von Aussichtspunkten, die tolle Fotos garantieren und mit etwas Glück kann man Schnee, grasende Kamele und den Karakorum Highway mit dem Muztagh Ata (7509 m) im Hintergrund in einem Foto kombinieren. Der Karakul See, auf 3500 m gelegen bietet einzigartige Sicht auf einen am leichtesten zu besteigenden 7000-er, eben den Muztagh Ata. Der Name des Berges heisst übrigens im übertragenen Sinne „Vater der Eisberge“ und er gehört zum Pamir Gebirge. Sven Hedin wagte 1894 den wahrscheinlich ersten Besteigungsversuch und er schaffte es auf respektable 6400 Meter. Aus dieser Zeit stammt folgendes Zitat von Sven Hedin: „Die Sonne ging unter, und ihr Purpurschein erlosch auf den Westhängen des Muztagata. Als der Vollmond über der Zinne der Felswand an der Südseite des Gletschers aufstieg, trat ich in die Nacht hinaus, um eines der großartigsten Schauspiele zu bewundern, die ich je in Asien gesehen habe. Die ewigen Schneefelder auf der höchsten Kuppe des Berges, das Firnbecken, das den Gletscher speist, und seine höchsten Regionen badeten im Silberschein des Mondes, aber wo der Eisstrom in seiner tiefen Felsrinne lag, herrschte nachtschwarzer unergründlicher Schatten, über die gewölbten Schneefelder zogen weiße dünne Wolken, und man glaubte die Geister des Berges zu sehen, die im Freien ihre Tänze aufführten. Ich stand so hoch wie der Gipfel des Chimborazo oder des Mount McKinley und höher als der Kilimandscharo, der Montblanc und alle Bergspitzen dreier Erdteile; nur die höchsten Gipfel Asiens und der Anden waren höher. Bis zur Spitze des höchsten Berges der Erde, des Mount Everest, fehlten noch 2600 m. Aber ich glaube dennoch, dass das Bild, das sich vor mir entrollte, an wilder, phantastischer Schönheit alles übertraf, was ein Sterblicher auf Erden erblicken kann.“
Erstbestiegen wurd der Mustag Ata 1956 von einer chinesisch-russischen Expedition und der Geschwindigkeitsrekord vom 8:50 Std. vom 4450 Meter hohen Basislager zum Gipfel hält Markus Amon.
Die Fahrt beginnt gemächlich und die ersten 1.5 – 2 Std. sind wenig spektakulär. Man erreicht dann den checkpoint, wo man aus dem Auto aussteigen muss und wie an einer Grenze den Pass und die Sondergenehmigung zeigen. Einmal hatte ich nur den gelben Zettel des PSB dabei, da mein Pass im PSB auf ein neues Visum wartete. Dem Gesichtsausdruck des Polizisten sah er den Fackel das erste Mal, liess mich aber nach einigem hin- und her studieren problemlos passieren.
Ab dem checkpoint wird die Szenerie dann aber mehr als spektakulär. Die Strasse wechselt zwischen Asphalt und Kies ab und immer wieder trifft man auf Baustellen und Ausbesserungsarbeiten.
Wenn man den Karakul See als Tagestour macht, ist Frühaufstehen ein muss. Fotografen sei aber auf jeden Fall eine Übernachtung empfohlen um den Sonnenunter- und aufgang mitzunehmen. Dank dem früh aufstehen ergeben sich zum Teil spektakuläre Lichtsituationen.
Nach dem man etwas knapp zwei Stunden durch das enge Tal gefahren ist, weitet sich dieses und man erreicht eine Reihe von (zum Teil künstlichen) Seen. Interssant macht das ganze, dass man zwischen Bergen, Schnee und Seen auch immer wieder wüstenähnliche Gebilde antrifft.
Den obersten der Stauseen gibt es erst seit etwa 3 Jahren. Die Regierung hat für die lokalen Minderheiten, meist Tadschikischer, kasachischer und kirgisischer Abstammung, eine Siedlung gebaut, damit sie anstelle von Yurten in bequemeren Verhältnissen wohnen können. Die Jungen ziehen nach Möglichkeit auf der Suche nach Arbeit und besserer Ausbildung nach Kashigar oder andere Grossstädte von Xinjiang, also trifft man am Karakorum Highway vorwiegend auf alte Menschen und Kinder.
Nach den Seen erblickt man dann schon bald das erste Mal den Muztagh Ata. Da man sich langsam dem Pass nähert ist das Tal recht weite und die umliegenden Gipfel erscheinen nicht mehr so mächtig.
Wir hatten das Glück, dass wir neben der Strasse einige Kamele erblickten, die natürlich sofort als Fotomodels herhalten mussten. D.h. stillgehalten haben sie natürlich nicht und mangels Erfahrung mit den Viechern, hielt ich auch immer eine gewisse Respektsdistanz ein.
Übrigens braucht man für den chinesischen Teil des Karakorum Highways kein 4WD. Ein Business Van der Marke Buick GL8 oder Refine reicht locker.
Die Strasse führt auf der rechten Seite des Karakul Sees entlang und etwas auf halbem Weg gibt es ein Restaurant mit einer für die Region recht luxuriösen Toilette. Dort kann man auch in Yurten übernachten.
In der Nähe des Restaurants trafen wir auf ein Mutter und Tochter der kirgisischen Minderheit, die sich einverstanden erklärten, dass wir sie fotografieren durften.
Die Sicht auf den Muztagh Ata zählt für mich zu einer der lohnenswertesten Aussichten überhaupt. Für Abenteurer empfiehlt es sich dem Karakorum Highway weiterzufolgen um dann auf der pakistanischen Seite zum Schicksalsberg der Deutschen, den Nanga Parbat, zu gelangen und dort auf der legendären Märchenwiese die gewaltige Aussicht zu geniessen. Ein aboslutes Muss für Landschftsfotografen und Bergfans.
Da es erst früher Nachmittag war als wir am Karakul See ankamen, beschlossen wir noch etwas weiter zu fahren und am ende des Sees eine kirgisische Siedlung zu besuchen. Es war uns schnell klar, dass es von der Regierung erbaute Zweckwohnungen waren, aber sicher funktioneller als die Yurten und v.a. mit fliessend Wasser und Strom im Haus, ein Luxus den man in den Yurten nicht kennt.
Nach einige Fotos und etwas Interaktion mit den Einheimischen fuhren wir zurück an den See. Abends präsentiert sich dann der Karakul See mit etas Glück und aufziehenden Wolken dann von seiner spektakulärsten Seite.
Wir hatten unglaubliches Glück, das sich nach einem strahlenden Tag plötzlich Wolken reinschoben und so einige tolle Bilder mit ganz speziellem Lich möglich waren.
Der Karakul See mit seiner Sicht auf den Muztagh Ata gehört für mich zu den spektakulärsten Orten in ganz China. Für professionelle Fotografen kann es sich lohnen nur alleine deswegen dorthin zu reisen, aber man muss von Beijing oder Shanghai aus mit Lugkosten von über 1000 USD für den Hin- und Rückflug von einer dieser Städte rechnen. Der Flug nach Urumqi dauert knapp 4 Std und dann nochmal knapp 1.5 Std. nach Kashigar. Anschliessend eine 5 Std. Fahrt zum Karakul See. Idealerweise verbindet man den Karakul See mit einer Seidenstrassenreise.
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