Langmusi ist ein spezielles Städtchen, da es zwischen Gansu und Sichuan quasi zweigeteilt ist. Der tibetische Name von Langmusi ist Taktsang Lhamo wobei Taktasng übersetzt so viel wie Tigerhöhle und Lhamo Göttin bedeutet und ist auf 3350 metern gelegen.
Der Legende nach lebte in einem Seitental, dessen Eingang in der Nähe des Kirti Klosters liegt, ein Tiger und in den angrenzenden Wäldern eine Göttin. Eine andere Legende zufolge besiegte Guru Rinpoche, der den Buddhismus in die tibetischen Gebiete brachte, einen Dämonen in diesem Tal. Dominiert wird Langmusi von den zwei wichtigen Klöstern Sertri und Kirti.
Das Sertri Kloster ist auf der Nordseite in Gansu gelgen, während das Kirti Kloster sich im südlichen Sichuan Teil befindet. Beide Klöster wurden während der Kulturrevolution praktisch vollständig zerstört und dann anfang der 80-er Jahre wieder aufgebaut. Beide Klöster wurden an einen bewaldeten Hügel gebaut, wobei das Sertri Kloster gegen Norden von einer steilen Klippe abgeschirmt ist. Zwischen den beiden Klöstern teilt ein kleiner Bach die zwei Gebiete und erscheint als eine natürliche Grenze.
Das Sertri Kloster (im nördlichen Gansu Teil) wird auf tibetisch Dacanglangmu Saichisi oder von den Einheimischen Sechi Gompa genannt. Gegründet wurde das Kloster im Jahre 1748 und zwar vom 53. Ganden Tripa, dem obersten Mönch des Ganden Klosters in Tibet, das Hauptsitz der Gelugpa Sekte ist. Daher auch der Name Sertri Kloster, denn dies bedeutet „Sitz aud Gold“ und ist gleichzeitig der Zweitname des Ganden Tripa. Zur Zeit leben etwas 500 Mömche im Sertri Kloster.
Das Kirti Kloster (im südlichen Sichuan Teil) nennt man auf tibetisch Dacangnama Geerdisi, wurde 1870 von den Mönchen des Lhamo Kirti Klosters von Zoige (Dzoge) / Sichuan gegründet und ist ebenfalls ein Gelugpa Kloster. Dies hielt die beiden Klöster aber nicht ab, eine Jahrhundertlange Rivalität um die Vorherrschaft über die umliegenden Nomadengebiete zu führen. Deswegen wurde auch die Provinzgrenze mitten durch die Ortschaft gezogen um den Kampf der beiden Klöster einzudämmen und deren Befugnisbereich zu definieren.
Die Region verfügt natürlich auch über einen Ort für Himmelsbestattungen (Sky burial site), ich verrate hier aber nicht wo sich diese befindet. Für Fotografen, die sich so ein Schlachtfest antun möchten, empfehle ich auf jeden Fall die nötige Diskretion walten zu lassen und mit langen Teleobjektiven zu arbeiten um den Ablauf nicht zu stören. Leser, die sich das ganze aus der Nähe anschauen möchten, sei dringend empfohlen wenn möglich aufs fotografieren zu verzichten (oder nur extrem diskret mit silent shutter) und es ist dann ein Muss dem Mönch, der die Leiche zerteilt, eine Spende in der Höhe von mindestens 100-200 RMB zu hinterlassen.
Ein guter tibetischer Freund von mir stellte mich vor vielen Jahren in Beijing der Frau eines einflussreichen Generals der Volksbefreiungsarmee vor und wir besuchten die Dame in einem Hotel, wo sie eine Suite zu ihrem Büro umfunktioniert hatte. Als erstes fiel mir der dominante buddhistische Gebetsaltar auf, der mit Butterlampen und allerlei Bildern von Lamas geschmückt war. Die Dame hatte ein schwierig einzuschätzendes Alter, ich denke aber, dass sie bereits weit in ihren 60-ern war. Auch wenn China nicht gerne und öffentlich über die Fehler der Vergangenheit redet, so wurde mir dort bewusst, dass es eine nicht unbeträchtliche Anzahl einflussreicher und wohlhabender Chinesen gibt, die in der Kulturrevolution bei den Roten Garden waren und damit für die immensen Zerstörungen im ganzen Land mitverantworltich waren, die jetzt aber mit viel Aufwand versuchen diese Fehler zu korrigieren und zerstörte Kulturgüter zum Teil mit privaten Mitteln wieder aufbauen oder deren Weideraufbau mitfinanzieren.
In Langmusi sieht man hingegen deutlich, dass das Sertri Kloster irgendwie mehr Mittel zur Verfügung hat als das Kirti Kloster. Während das Sertri Kloster von Gold nur so glänzt, fristet das Kirti Kloster eher das Mauerblümchendasein. Hinter vorgehaltener Hand gab man mir zu Verstehen, dass ein Hauptgrund darin liegt, dass das Sertri Kloster etwas besser auf die politische Linie achtet und daher mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hat.
Langmusi selbst ist im Moment eine grosse Baustelle und viele neue Gebäude, Hostels, Hotels, Läden und Restaurants werden errichtet respektive renoviert. Der Tourismus steigt spürbar an, aber trotzdem kann man noch nicht von Massentourismus reden. v.a. da sich der nächste Flughafen (Jiuyhaigou) eine lange Tagesreise entfernt liegt. Langmusi eignet sich auch hervorragend um einige Tage Pferdetrekking in der Region zu unternehmen. Ich vermute doch, dass es in Langmusi immer einigermassen beschaulich zugehen wird, da es schlicht relativ schwierig zum erreichen ist und die Region für die chinesischen Touristen zu wenig bietet um einige Tage zu bleiben.
Es gibt ein oder zwei Hotels im 2-3* Bereich mit sauberen Zimmern, der Rest sind hauptsächlich kleine Gasthäuser. An der Hauptstrasse gibt es einige kleine Restaurants (meist im zweiten Stock), die gemütlich sind und wo gelegentlich auch Englisch geredet wird und wo man ein gutes Mittag- oder Abendessen und kalte Biere, ev. sogar eine Flasche Wein, bekommt.
Vielen Dank für die spannenden Hintergrundinfos. Als ich vor etwa drei Jahren das letzte Mal dort, gab es bereits Anzeichen dafür, dass die eine neue „Altstadt“ gebaut werden soll. Etwa so wie im benachbarten Songpan. Ich hoffe, dass die Geldgier der chinesischen Tourismusförderer dieses kleine Juwel in China nicht auch noch zerstört.
27. September 2015 um 00:42 UhrHallo Oli. Besten Dank für Deinen Kommentar, der übrigens der ersten Nicht-Spam Kommentar ist (würde mich interessieren wie Du meinen BLog gefunden hast, da ich ihn bei Google noch gar nicht indiziert habe, da alles noch Baustelle ist). Ich habe gerade den Langmusi Blog noch etwas überarbeitet und v.a. die Bilder eingefügt. Leider war das Wetter nicht gerade toll und die Fotos somit nur sehr mässig. Speziell für Dich auch das letzte Foto, damit Du Dir ein Bild machen kannst. Ich denke die Ausbauarbeiten halten sich einigermassen im Rahmen (v.a. im Vergleich zu anderen Orten) und hoffe, dass es das Ortsbild etwas verbessert. Da das Bild im Mai 2014 gemacht wurde, sieht es mittlerweile sicher schon ganz anders aus. Ich denke nicht, dass der Ausbau in Langmusi allzu grosse Dimensionen annehmen wird, da es schlicht zu weit weg ist für die chinesischen Touristen um als Massenort zu qualifizieren.
7. Oktober 2015 um 15:34 UhrHallo Christoph,
9. Januar 2016 um 03:45 Uhrich kenne hiddenchina. Ich hab vor ein paar Jahren mal ein Interview mit Roman geführt. Aber ich glaube, der ist nicht mehr dabei, oder? Anyway, ich habe hab auf der Seite was gesucht und hab dabei zufällig den Blog gefunden. Danke auch für das letzte Bild. Bin mal gespannt, wie das alles ausschaut, wenns fertig ist.
Gruss,
Oli